Wer ist Gott wirklich?

 

Es ist wirklich müßig, sich über diese Frage Gedanken zu machen. Uns zeigt sich dieser lebendige Gott ja nicht. Er ist stumm und gleichzeitig unsichtbar. Definieren wir ihn doch einfach. Gott ist die Liebe - und zwar durch Definition. Gott geschieht selten im Gottesdienst, er geschieht draußen, in zwischenmenschlichen Beziehungen, in der Hilfe von Mensch zu Mensch, in der guten Nachbarschaft-lichkeit, im Zurückstellen eigener Bedürfnisse, in der ständigen Sorge um den Mitmenschen. In der Sorge auch um den Andersartigen, um den Ausländer und den Andersfarbigen. Das ist Gott. Er ist in uns, wenn wir lieben. Äußerlich sieht er vielleicht so aus, wie es in der Seele eines guten Menschen aussieht – wenn er überhaupt ein Äußeres hat. Ob er Bartträger ist oder weiblich, ist nicht groß von Belang. Vielleicht gibt es auch ein Jenseits mit diesem Gott. Ich kenne auch einige Atheisten, die mit diesem Gottesbild sehr gut umgehen können.

 

Es gibt jüngere Pastoren, die offiziell einen liebevollen Gott schon heute predigen. Aber Vorsicht: Schuld, Angst und Hölle kommen bei ihnen oft durch die Hintertür. In einer Weihnachtspredigt äußert ein Pastor 2010: „So hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eigenen Sohn hingab.“ Das ist nicht wirklich modern, denn ein liebevoller Vater-Gott hätte nie jemanden an ein Kreuz „hingegeben“. Und später: „Wer sich in der Liebe verliert, der ist nicht verloren.“ Hier kommt das Verlorensein in der ewigen Hölle hübsch und vornehm weihnachtlich verpackt, aber dennoch hochpathogen daher (Quelle: Zeitung „Die Welt“ vom 27.12.2010).

 

Ein Rachegott ist Gott nicht. Im Juden- wie im Christentum solle er da rächen, wo Gläubigen das nicht erlaubt ist. Das ist wiederum eine elegante Reklame: Ein kleines Volk und ein schwacher Mensch sind manchmal froh, dass doch noch gerächt wird. Dieser Trick diente zu allen Zeiten aber auch dem kirchlichen Establishment, auf Erden vor Vergeltungsanschlägen durch seine Untertanen sicher zu sein. Und dass man selber sehr wohl in den Himmel kommt, das war und ist Kirchenleuten sowieso immer ziemlich klar. Darum sind sie ja bei der Kirche und dienen Gott ein ganzes Leben.

Wer ist Jesus wirklich? Auch hier ist die Antwort nicht möglich und die Frage sollte nicht überbewertet werden. Jesus ist nach der Definition die Liebe. Er ist Kind Gottes, wie wir es alle letztlich sind. Jesus in seinem Willen zu lieben nachzueifern, ist der Wunsch eines christlichen Menschen oder, um es ökumenisch auszudrücken: Eines die Liebe ständig versuchenden Menschen. Große Diskussionen, wer Jesus wirklich war, kann man sich ersparen. Sie führen nicht weiter.