Ein abgelehnter Hilferuf
In den letzten Jahren war es mein Bestreben, die Psychiatrie in kollegialer Weise auf ihren schwersten Kunstfehler der heutigen Geschichte aufmerksam zu machen. Nun legt sie ihn selbst offen und meine Zurückhaltung, mit meiner Kritik an die Öffentlichkeit zu gehen, ist von nun an unbegründet. Ich verweise auf das für mich repräsentative Verhalten der Direktorin des Sigmund Freud Institutes in Frankfurt, Frau Prof. Dr. Leuzinger-Bohleber, Lehramt in Kassel, die in einem Interview der Zeitung „Die Zeit“ am 31.3.2010 darlegt, „von der Kirche als Institution“ nichts zu verstehen. Das ist vielleicht bewusst oder unbewusst untertrieben. Wer Nietzsche, Schopenhauer, Rilke und heutige Tageszeitungen gelesen hat, versteht etwas von dieser Institution. „Das transzendentale (also religiöse) Denken fehlt uns“ (sie meint damit wohl: uns Psychiatern bzw. Analytikern, der Verf.). „Patienten mit einem theologischen Problem“ (also Höllenangst, Teufelangst, ekklesiogene Schuldgefühle, der Verf.)
„schicken wir zum Theologen“,
so Frau Prof. Leuzinger-Bohleber. Und: „Diese Differenz sollte schon bestehen bleiben.“ Einer meiner Patienten, einer der es sehr genau weiß, bezeichnete das als „absurd“. Hier werden kassenversicherte Erkrankte zur „Behandlung“ zu denjenigen geschickt, die mit der Weiterverbreitung des Märchens „Jüngstes Gericht“ und damit der Option Hölle ursächlich an der Krankheitsentstehung mitgewirkt haben. Das ist in etwa so, als wenn Lungenfachärzte am Rauchen Erkrankte zwecks Therapie zur Zigarettenindustrie schicken würden. Dort würden ihnen dann Zigaretten zur vermeintlichen „Heilung“ verabreicht. Das ist in etwa so, als wenn wir Internisten Alkoholkranke zur vermeintlichen Heilung in die Schnapsbrennerei schickten. Hier verzichtet der Berufsstand der Psychiater sogar „freiwillig“ auf eine bedeutende Einnahmequelle. Auch gut zahlende Privatpatienten werden weggeschickt. Er verzichtet auf Kenntnis und Therapie der anerkannt größten und tiefsten Angst des Menschen. Ein Unikum in der Medizingeschichte. Sie fragen zu Recht: Warum verzichtet er? Auch krankenkassenrechtlich tut sich hier ein Problem auf, wenn ein Berufsstand Versicherte zu den Krankheitsverursachern schickt und nur die Symptome mit sehr teuren und sehr gefährlichen Medikamenten behandelt. Auch der volkswirtschaftliche Schaden, den die Psychiatrie anrichtet, ist durch oft lebenslange Arbeitsunfähigkeiten und Pflegebedürftigkeit immens.
Die Psychiatrie schweigt also und verschweigt sogar das Wesentliche auf einem wissenschaftlichen Kongress. Auf dem Internationalen Internistenkongress auf Mallorca 2013 hielt der Österreichische Psychiater Prof. Dr. Herwig Scholz, Diakonie Villach, einem Vortag über Manie. Händel habe in einer Manie das Oratorium der „Messiah“ geschrieben, also religiöse Denkinhalte gezeigt. Dass derartige Denkinhalte öfters bei Manien vorkommen, wurde kopfnickend bestätigt. In der Diskussion wurde coram publico angesprochen, dass beide Großkirchen Dogmen wie ein Jüngstes Gericht, eine ewige Hölle und bei den Katholiken ein Fegefeuer verträten und wie sich das psychohygienisch auswirken würde. Ein leises Raunen ging durch das Plenum. Scholz: „Darauf antworte ich nicht.“ Er sagte also nicht, dass er keine Antwort wisse. Natürlich wirkt sich die Androhung jeder Feuerfolter psychohygienisch katastrophal auf Kinder aus. Das weiß Scholz als guter Psychiater. Er kann aber so nicht antworten. Er will seine Arbeit behalten. Er wird bezahlt von der Diakonie. Scholz konnte aber auch nicht behaupten, derartige Drohungen würden zu keinerlei Schäden führen. Das hätte ihn seine wissenschaftliche Reputation gekostet und ihm einen mallorcinischen „Lacherfolg“ eingebracht. So hatten wir 2013 das absolute Novum bei einem Internistenkongress, dass eine Antwort auf eine Frage nicht erteilt, ja trotz Wissens verweigert wurde. Über das Thema Religion habe er, Scholz, immer gegenüber Patienten geschwiegen. „Sie sollten aber schon über Religion sprechen“, so mein Einwand. Er sei doch „der Spezialist für Religion“. Nein, so die Erwiderung, solche Fälle würde er zu „sehr guten“ Theologen überweisen. Aber das seien doch Diejenigen, die die angesprochenen Dogmen vertreten würden, so mein Einwand. Die Antwort des Psychiaters auf dem Kongress:
„Ja“.
Fazit: Es ist also dem Augenschein nach der Psychiatrie wohl bekannt, was sie macht. Sie überweist von Fundamentalisten krank Gemachte zu eben diesen Fundamentalisten „zur Behandlung“. Dieser hat sein „Arztzimmer“ ja auch nur ein paar Schritte weiter. Der Kunstfehler aber: Dieses Arztzimmer ist keines. Es ist ein Gebetszimmer. Hier wird gebetet, Gott möge doch die Erkrankung bessern, er möge doch dem Sünder seine Sünden verzeihen, er möge doch dem Patienten auf diese Weise die ewige Hölle ersparen.
Im Gebetszimmer wird also nicht die angebliche Folterhölle eines Jesus ad absurdum geführt, sie wird im Gegenteil bestätigt.
Das treibt Schwerkranke in geschlossene Abteilungen oder in den Suizid. Wann immer Sie, lieber Leser, solche Mechanismen, solche „Überweisungspraktiken“ erlebt oder miterlebt haben, sollten sie Strafanzeige wegen unterlassener Hilfeleistung ggf. mit Todesfolge erstatten. Auch die Therapie der größten Angst des Menschen gehört in die Hand eines Mediziners – und nicht in die Hände der Verursacher. Es spielt dabei auch keine Rolle, ob der verursachende Fundamentalist bzw. dessen Organisation den Mediziner bezahlt.
In „Psychologie heute“ vom Juli 2010 wird folgende Frage gestellt: „Psychotherapeuten – eine säkuläre Priesterschaft? Ich kann das nur voll bestätigen. Psychotherapeuten nehmen die Kirchen oft mehr in Schutz, als es selbst Priester tun. Es „lässt sich wohl akzeptieren“, so im Text weiter, „dass Religion in all ihren Spielarten dazu dient, die Welt für den Menschen geheuer zu machen“, so Heiko Ernst auf Seite 3. Hier irrt er fundamental. Er drückt die „offizielle“ heutige Kirchensicht aus, die mit der Realität nicht in Einklang zu bringen ist. Die Kirchen sind mitsamt Inhalt in großen Teilen ungeheuer, besonders für unsere Kleinen. Die werden in Kirchen ungeheuer seelisch missbraucht.
In der Zeitschrift „Psychologie heute“ vom Juli 2010 steht es nun ganz genau, wie unsere Seelenärzte und unsere psychologischen Psychotherapeuten gestrickt bzw. verstrickt sind:
„Psychotherapeuten setzen sich in ihrer Ausbildung nur sporadisch mit dem weiten Feld des Religiösen auseinander.... Sie geben mehrheitlich zu Protokoll, in ihrer Ausbildung nicht mit religiösen Themen in Berührung gekommen zu sein“, und daher „mangelt es Therapeuten an religiösem Wissen. ...
Deshalb dominieren bei ihnen Ängste hinsichtlich religiöser Fragen...“
Das ist klar und eindeutig: Unsere Therapeuten haben Angst. Diese Angst dominiert sie und macht wie jede derartige Angst krank. Sie sind angstkrank. Meine Diagnose: Es ist eine Angstneurose, ausgelöst durch die größte Angst des Menschen: Der Gottangst (nach Biser und Jaspers), und damit: Der Höllenangst. Es ist die Angst Munchs und Kierkegaards. Da es Hölle gar nicht gibt, ist sie so überflüssig wie ein Kropf. Den vermeidet man übrigens mit einfachem Jodsalz oder einem Aufenthalt an der See sehr gut.
Für Außenstehende klingt das Gesagte paradox: Die sog. „Experten“ für Angsterkrankungen ignorieren die größte Angst des Menschen und können nicht darüber mit ihren Klienten sprechen. Sie „überweisen“ zugegebener Maßen Klienten mit religiösen Schuldgefühlen oder Höllenängsten zu den Verursachern dieser Angst, zu den Geistlichen bzw. Theologen. Diese bewirken dann, wie wir gesehen haben, durch ihre bibel- und dogmatreue Grundeinstellung oft nur eine nochmalige Steigerung der Angst dieser zu ihnen „überwiesenen“ Patienten.
Das schlechte Gefühl der Therapeuten in Bezug auf Religion wird noch dadurch verstärkt, dass sie ihrem Kindergott abtrünnig geworden und meist nicht einzahlendes Mitglied irgendeiner Kirche sind. Zahlen ist ja immer auch opfern und immer noch irgendwie „Ablass zahlen“. Wer seinen Jesusglauben aufgibt, landet nach Inhalten der Konferenz Propheticon in Kassel (2011) in der Hölle. Leider mache Jesus da auch bei gläubigen Juden keine Ausnahme. Ich denke solchen Wahnsinn immer gern zu Ende: Die jüdischen Auschwitzopfer sollen am Jüngsten Tag aus ihren Massengräbern steigen und gleich ins nächste KZ überwechseln? Das ist doch ungerecht, liebe Kirche. Die Seite 11 aus idea Spektrum 12.2011 habe ich noch gleich in der Mission herausgerissen, damit sie kein jüdisches Kind dort lesen kann. Missionieren müsse man Juden, stand da noch. Kann man sie nicht in Ruhe lassen?
Der in der Zeitung mitinterviewte Pfarrer zu Eltz beklagt die mangelnde Mitarbeit der Psychiater ausdrücklich: Man „müsste schon interdisziplinär arbeiten“, also mit den Psychiatern zusammen. Teufelangst, also Höllenangst, und „Besessenheit“, wie er sich ausdrückt, habe „Konjunktur“. Manche kämen schon vom Psychiater, beklagt er, „und gelten aus austherapiert“. Dies ist als deutliche und berechtigte Kritik gemeint. Die Erkrankten sind eben nicht austherapiert, wurden aber von Psychiatern vorschnell in der Schublade „Austherapiert“ / „Wahn“ abgelegt. Und weiter: „Heute kommt das Dämonische durch alle Ritzen“, so auch der Titel des Artikels. Es gibt also eine ganze Flut von an kirchenbedingten Ängsten Erkrankter – ignoriert bzw. alleine gelassen von unseren Fachärzten.
Die seien „wirklich arme Teufel“, weiß der Geistliche. Diese armen Teufel, die die größten Menschenängste überhaupt haben, behandelt die Psychiatrie nicht kausal, sondern mit wiederum krank machenden Medikamenten und besagten Überweisungen. Nebenwirkungen machen über ihre Wirkung erst recht krank: Müde, lustlos, depressiv und adipös, um nur weniges zu nennen. Die beklagte Zunahme der Höllenangst geht mit zurück auf das große Schweigen der Seelenärzte. Zu Eltz meint in bezeichnender aber irriger Weise, Teufelangst komme von Computerspielen. Aber: Wer hat den Teufel und die Hölle denn erfunden und propagiert ihn verstärkt? Wer nutzt ganz aktuell diese Begriffe? Doch wohl nicht Microsoft, sondern unsere Geistlichkeit und unser Gesangbuch. Im Gegenteil: Kinder bauen ihre religiöse Ängste und dadurch entstehende Aggressionen sogar durch Gewaltspiele ab. Die Diskussion darüber läuft zur Zeit..
Ich darf noch auf eine Kleinigkeit hinweisen: Besessenheit von Teufeln gibt es gar nicht, da es keine Teufel gibt. Hier im Ort ist der Teufel jedenfalls noch nicht vorstellig geworden. Die sog. „Besessenheit“, die der Nichtarzt zu Eltz bei den von unseren Psychiatern zugewiesenen Schwerstkranken irrtümlich diagnostiziert ist eine kirchlich produzierte und ärztlich - psychotherapeutisch anzugehende neurotisch zu interpretierende „Psychose“ , also kassenrechtlich eine Krankheit und dem Sacco-Syndrom zuzuordnen. Glaube an Hölle ist bis zum Beweis des Gegenteiles nicht Wahn, wie heute angenommen, sondern bleibt kirchengewollter Glaube zum Zweck des Machterhalts! Klerika haben die Intention, bei Kindern einfachen Glauben sogar zu einer skurrilen "Glaubensgewissheit" zu machen, ein Unternehmen, das wissenschaftlich Unfug ist, aber "funktioniert". Wenn Freud sagte, „Religion ist Wahn“, meinte er damit nicht, Gläubige seien wahnkrank. Gläubige können nur ernsthaft von kirchenerfundenem Glauben krank werden und Wahnideen bis hin zur Schizophrenie entwickeln. Kirchenleute erfinden den oder die Teufel und verdienen dann kräftig am Exorzismus einer Erfindung. Das ist Hochintelligenz. „Heutige Religion ist Geldverdienen, heutige Religion ist Missbrauch“, könnte es auch heißen. Wurde Freud wegen seines Statements damals eigentlich von seiner Standesorganisation für paranoid erklärt? Nein! Auf jeden Fall erklärten die Kirchen die Psychoanalyse zum „Teufelswerk“. Das hatte Wirkung! Analytiker bekamen Ängste. Heute leben beide, das „Teufelswerk“ Psychoanalyse und die Kirchen durch geschickte Kirchenpolitik in harmonischem Einklang, in einer einträchtigen eheähnlichen Beziehung, in der die Kirche aber leider die Hosen anhat. Die Hochintelligenz Kirche hat den „Teufel“ Psychoanalyse einfach aufgekauft indem sie Arbeitgeber von Psychiatern wurden. Das ist genial.
Manfred Lütz, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und gleichzeitig Theologe, hält viel von der Seelsorge in der Therapie seelischer Schäden: Seelsorge sei viel mehr als Psychotherapie, so Lütz in der Zeitung „Die Welt“ am 16.11.2010. Mit seinem Glauben und seinen Überzeugungen müsse man in der Seelsorge dem anderen „ein echtes Gegenüber“ sein. Er meint wohl damit, der Behandelnde in der Psychotherapie sei dagegen kein „echtes Gegenüber“. Die Psychotherapie sei „eine manipulative, methodische Beziehung auf Zeit für Geld“. „Weder Liebe noch der Sinn des Lebens“ sei für Geld zu haben.
Lütz, der wohl lieber Theologe als Arzt ist und das Buch „Irre, wir behandeln die Falschen“ schrieb, bringt hier einiges durcheinander: Auch wenn ein Psychotherapeut Geld nehmen muss, um zu leben, kann er dennoch seinen Patienten Liebe oder aktive Zuwendung geben. Demgegenüber liebt ein Seelsorger seine Patienten nicht, wenn er seinen krank machenden Glauben mit all den Ängsten und Schuldgefühlen einem schon Angst- und Schuldkranken aufoktroyiert. Statt Geld bekommt der Seelsorger ein Gefühl der Macht, dass mit Geld oft gar nicht zu bezahlen ist. Und arbeitet ein Seelsorger nicht auch für Geld und sogar in finanzieller enger Abhängigkeit von seiner Kirche, die sich kirchenkritische Diagnosen von ihm verbittet? Schützt und stützt nicht ein Seelsorger seine ihn bezahlende Gewaltkirche? Lütz weiß auch, warum in Psycho-Therapeutenkreisen nie über Religion geredet wird: Man habe „schlimme Erfahrungen“ mit ihr gemacht. Sogar sehr schlimm müssen Erfahrungen sein, die einen Psychiater bzw. seine ganze Zunft autitisch stumm machen.
Christian Wulff sagt uns dazu als Bundespräsident in der Zeitung „Die Welt“ vom 20.Okt. 2010, Fundamentalismus in der Religion dulde man nicht. Es bedeutet: Wulff duldet weder den Sühne- noch den Höllengedanken in der christlichen Religion, so in seiner Rede am 3. Okt. 2010 vor der Nationalversammlung in Ankara.
Dort prangerte Wulff einen „Missbrauch“ der Religionen an. Religionen seien „machtpolitisch begründet“.
Endlich ein klares Wort. Eine „echte“ Religion gebe es für Wulff nicht, so die Zeitung. Am 24. Okt. 2010 hielt der Pastor der Hermannsburger Großen Kreuzkirche eine Predigt und stellte sie ins Internet. Der Teufel stelle das „Festhalten an Gottes Wort“ (also lebendig Verbrennen, Steinigen, ewige Folterhölle, der Verf.) als Fundamentalismus hin. Ist Wulff der Teufel? Sage da noch jemand, Wulff habe nicht aus politischen Gründen gehen müssen. Ich habe den Pastor wegen Verteufelung des Bundespräsidenten angezeigt.
Echter Wahn liegt vor, wenn man einen heute hier wandelnden Jesus oder einen Eisbären mit „eigenen Augen“ sieht, da, wo gar keiner ist. Wo alle anderen nicht Derartiges sehen. In ihrem skurrilen Artikel „Zur Aktualität der Besessenheit“ sagt uns Kaye Hoffman: „Denn nur der Teufel oder ein böser, ein teuflischer Geist kann in unserer Religion vom Menschen Besitz ergreifen. Die Vorstellung, dass es auch gute Geister gibt, ...ist uns, die wir in der christlich abendländischen Kultur verankert sind, ungewohnt und zutiefst suspekt.“ Nun, hier verwechselt unsere Kaye die abendländische Kultur mit unechtem Wahn, sog. Glaubenswahnsinn.
Papst Johannes Paul II. habe laut Padre Amorth viele Dämonen ausgetrieben. „Manche Teufel lassen sich nur durch den Papst selbst vertreiben, so der Padre, der selbst 70.000 Austreibungen vorgenommen habe. Ein normaler Gläubiger könne gegen Dämonen nichts ausrichten, so ein Dokument der Glaubenskongregation. Die Erkrankten brauchten da schon die Kirche. Hier sichert sich diese unerlaubt aber unter Billigung der Ärztekammern ein Behandlungsprivileg. Das ist unglaublich.
O. Pfister meinte schon vor 50 Jahren: Die in unzähligen Kirchen ...ausgestellten... rohen... Bilder, die den Teufel, die bösen Geister, die Analen der Hölle und das Fegefeuer höchst sadistische ausmalen, müssen... aufs äußerste beunruhigen“; Er meint, nicht nur unsere Kinder, sondern auch uns, uns mit unserem uns verschlossenen Unterbewusstsein. Äußerste Beunruhigung macht aber sehr krank. Sigmund Freud könnte es, würde er noch leben, in keiner Weise verstehen oder gar gut heißen, dass unsere Kirchen als Vermittler dieses Wahnes im Freud-Sinn, heute den mit größten Arbeitgeber unserer Psychiater darstellen und kirchenkritische Diagnosen ihrer ärztlichen Arbeitnehmer nicht besonders gerne sehen werden. Der Arbeitgeber Kirche ist dabei nicht einmal der eigentliche Geldgeber! Er ist lediglich Weiterleiter der Einnahmen der Krankenkassen und bestimmt aber oft, dass nur Konfessionsgebundene Arzt oder Chefarzt werden können. Er verdient im Gegenteil noch an den selbst produzierten Patienten. Ich habe noch nie einen psychiatrischen Arztbrief gelesen, der in Diagnose oder Krankheitsdiskussion, der sog. Epikrise, der Kirche eine Schuld oder Mitschuld gegeben hätte. Ein älterer Hannoveraner Psychiater machte, wie er mir kürzlich sagte, dieselbe Erfahrung.
I
n der Praxis läuft das nun folgendermaßen: Der Hausarzt überweist zum Psychiater in dem festen und besten Glauben, dort werde fach- oder gar leitliniengerecht behandelt. Dieser überweist den Schwerstkranken zum Theologen, zum Geistlichen, der sich meist aus Eigenschutz hüten wird, kirchenfeindliche Diagnosen zu stellen. Er will seine Anstellung behalten, fürchtet Abmahnungen und hat evtl. eine Familie zu ernähren. Er schreibt weder dem Psychiater noch uns Hausärzten einen „Arztbrief“. In diesem Fall wäre es ja ein „Geistlicherbrief“. So gelingt es im System, die Diagnose „kirchenbedingte Erkrankung“ unter den Teppich zu kehren. In einem Schreiben vom 23.5.2009 an Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe, zu der Zeit Präsident der Bundesärztekammer, habe ich, ohne eine Antwort zu erhalten, gebeten, kirchliche Trägerschaften von Psychiatrischen Krankenanstalten zu unterbinden. Eine Antwort bzw. Info über diesen Brief bekam aber meine Niedersächsische Ärztekammer! Es geht aber nicht an, dass die Kirche nach Tilmann Moser „Millionen“ von Kranken erzeugt, unseren Psychiatern die Patienten „liefert“, die Therapeuten finanziell abhängig macht und in Erpressung dafür sorgt, dass eine kausal ausgerichtete Diagnose und Therapie unterbleibt. Die in Kirchenkreisen so sehr geläufige Diagnose der „ekklesiogenen Neurose“ haben die ärztlichen Verantwortlichen des ärztlichen Diagnoseschlüsselkataloges ICD-10 aus diesem herausgehalten. Ich behaupte: Bewusst. An sich müsste Gottangst als Phobie unter F40.2, den „spezifischen Phobien“, aufgeführt sein, dort, wo auch Angst vor großen Plätzen verzeichnet ist. Da größtenteils die Kodierung mit dem Schlüssel Pflicht ist, wird die Diagnose in weiten Teilen ärztlicher Tätigkeit zusätzlich unterbunden. Ende 2010 habe ich beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information in Köln die Aufnahme der Gottangst bzw. Gottphobie unter F40.2 beantragt.
In welche Hände Patienten tatsächlich geraten können, wenn Psychiater ekklesiogen Erkrankte zur „Behandlung“ zu Theologen, ja zu Teufelsaustreiben schicken, verdeutlicht das Beispiel des Jugendpfarrers Wilhelm Busch aus Essen, Viel-Autor des 20. Jahrhunderts. Sein Buch „Jesus unser Schicksal“ wurde 1994 über 1 Millionen Mal gedruckt und da „seine Ansprachen“ im Jahr 2008 „nichts an Aktualität verloren“ hatten, neu aufgelegt.
Leicht wird ein Kind krank, wenn es etwas von W. Busch liest. Er „missioniert“ in seinen Büchern überwiegend mit brutalem Höllenangsteinreden. Darin liegt der wesentliche Unterschied zu mir, der ich ein Verfechter der Mission des Höllenangstausredens bin. Sein pathogenes „Evangelium“ ist mit äußerster Vorsicht zu genießen. Warum er Vorträge halte, wird Busch im Buch gefragt:
„Die halte ich, weil ich Angst habe, dass die Leute in die Hölle kommen...
(um sich selbst hat Busch keine Angst, der Verf.)... Wer auch nur eine dumpfe Ahnung von Gott hat, der muss doch begreifen, dass es nichts Schrecklicheres gibt (also nicht einmal Hitlers KZs, d.Verf.) als ihn, den heiligen und gerechten Gott, den Richter unserer Sünden. Sie sprechen vom lieben Gott? Die Bibel sagt das so nicht. Die Bibel sagt vielmehr: Schrecklich ist es, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.... Solange sie Jesus nicht gefunden haben, stehen sie unter Gottes Zorn......Ohne Jesus kann ich nicht sterben ohne tödliche Angst. Ohne Jesus wandere ich ins ewige Verderben.... Und dann kommt Jesus in ihr Leben, der Heiland, der Sohn Gottes - und treibt die Teufel aus. Und wenn zu mir einer kommt und sagt: „„Es gibt keinen Teufel!““, dann kann ich nur fragen: Von welchem kleinen Dörfchen kommen sie eigentlich her?.. Ich weiß, wenn man von Gott redet, dann bekommt der Mensch ein großes Unbehagen...(das liegt aber wohl an den Pfarrern, der Verf.)... Fragen sie ihn (Jesus, d. Verf.), warum hängst du da? Und er antwortet ihnen: „Weil du Schuld hast vor Gott, entweder bezahlst du sie in der Hölle – oder ich bezahle sie hier für dich.“ Busch veranlasst hier also den wieder auferstandenen, schweigenden Jesus gar zu wörtlicher Rede! Über die Verbreitung des Evangeliums sagt er uns: „Das ist nicht nur Sache des Pfarrers, sondern auch unsere, dass Jesu Name bekannt wird da, wo wir stehen: im Betrieb, im Büro, in der Schule.“ Das, was Busch aber predigt, ist kein Evangelium, es ist sein Gegenteil. Er predigt die ewige KZ-Hölle. Busch bekehrte eine ganze Autowerkstatt nach folgenden missionarischen Worten des von ihm persönlich „missionierten“ jungen Inhabers namens Gustav: „Du gehst zur Hölle. Komm, geh mit ins Weigle-Haus in unseren Jugendkreis. Da hörst du von Jesus.“
So einfach und brutal also ist wirkliche „missionarische“ Tätigkeit. So einfach ist es aber auch, psychische Schwersterkrankungen bis hin zur Schizophrenie zu produzieren, zumal Kritik von Seiten der zuständigen Psychiater nicht zu bekommen ist. Ohne Frage enthalten Buschs Schriften Bedrohungen und stehen damit § 241 StGB und Art. 1 GG entgegen und sind mitnichten jugendfrei.
Ein zweites selbst erlebtes Beispiel: Ein „moderner“ Analytiker überwies eine sich in stabiler Remission befindende manisch-depressive Patientin, die Gott wegen der Sintflutfrage nicht verstand, zu einem etwa 30 Jahre jungen Pastor, der vermeintlich etwas davon „verstand“ und „modern“ war. „Warum hat Gott alle, auch die Kinder und Säuglinge damals ertränkt?“, war ihre Frage. Der Pastor antwortete suggestiv: „Glauben Sie denn nicht, dass alle Menschen irgendwie Sünder sind?“ Drei Tage später musste die jetzt manisch gewordene Patientin in einem Hochhaus von ihren Freunden daran gehindert werden, in die Tiefe zu springen. Sie wurde noch im Krankenhaus 10 Tage in ihrem Bett fixiert, da sie angekündigt hatte, sich mit dem Bademantelgürtel am Bettpfosten zu erhängen. Ihre Gottangst war vom Geistlichen in klassischer Weise noch einmal verstärkt worden. Dieser hatte ihr dargelegt, das lebendig Ertränken von Babys, Kindern und Schwangeren sei durchaus gerecht gewesen. Das sei sie nun einmal, Gottes Gerechtigkeit.
Ein Jurist der Niedersächsischen Ärztekammer bestätigte mir dagegen zu dem Thema, ein Holocaust sei ethisch nicht vertretbar. Der Erkrankten machte der Pastor in fataler Weise klar, dass sie am Tag eines Jüngsten Gerichtes vor einem Richter stehen würde mit demselben Gerechtigkeitsempfinden, wie die schlimmsten Despoten es hatten, nämlich gar keinem. Ebenso kaltblütig wie manche den Gashahn aufdrehten, soll unser Gott, die Liebe, den Wasserhahn aufgedreht haben. Von „Gottes“ Wasserhahn (!) ist übrigens auch im Zusammenhang mit der Sintflut in der Familienbibel „Menschen in Gottes Hand“, Saatkorn-Verlag, die Rede. Ich deckte dann doch noch die Ursache der Gottangst der Patientin auf: Es war eine Bagatelle. Die Frau ist heute vollständig von ihrem manisch-depressiven Kranksein, die oft noch als Psychose gilt, geheilt. Der Fall beweist (an der jetzigen Lehre vorbei) den neurotischen, also erlebnisbedingten Ursprung dieser Krankheit und identifiziert sie als Angsterkrankung. Es interessieren uns hiermit neu die Kliniken, die Psychiatrischen Anstalten, die Gefängnisse und auch die Sprachen der Macht, wo bestimmt wird, was ein „Gesunder“, ein Krimineller, ein Wahnsinniger sei. Diese Definitionen gilt es wiederum neu zu überdenken.
Ein drittes Beispiel ist die Biblisch-therapeutische Seelsorge (BTS). „Laienhelfer“ werden hier durch eine „Kurzausbildung“ zu Therapeuten unserer schwerstkranken kassenversicherten Patienten zur „Entlastung professioneller Therapeuten“ (unserer Psychiater). Hier wird allzu deutlich, wohin Psychiater „überweisen“. Bei der BTS steht „Ermahnung“ (Kol 1,28), Warnung (1.Kor 1o,11) und „Beichte“ mit im Vordergrund. Es wird dort also Wert gelegt auf die Bearbeitung von „Sünden“ beim Erkrankten und nicht auf die Besprechung von Sünden der Kirchen an den Erkrankten, die zu deren Krankheit ja erst geführt haben. (Quelle Wörterbuch Psychologie und Seelsorge, RBt). Auch die KSA, die Klinische Seelsorge-Ausbildung, vermöge in „relativ kurzer Zeit seelsorgerische Erfahrungen zur Verfügung zu stellen“, heißt es in der Quelle. Das klingt nicht gut. Das ist nicht professionell.
Dass Kirche im Prinzip nicht durch sie selbst bedingte Angstkrankheiten behandeln sollte, geht auch aus einem erschreckenden Beispiel in der Süddeutschen Zeitung vom 27./28.Nov. 2010 hervor. Ein Patient bekam nach Exerzitien religiöse Wahnvorstellungen und wurde stationär im Kloster der Geistliche Familie vom Heiligen Blut in Aufhausen, einem Wallfahrtsort, aufgenommen. Er musste dem Geistlichen Bruder S. ein Schriftstück ausstellen, damit alle ärztlichen Unterlagen angefordert werden konnten und eine Vollmacht für Bruder S., alle finanziellen und amtlichen Angelegenheiten für ihn zu regeln. Bruder S. stehe, so die Zeitung, fest im Glauben, die Welt vor dem Satan und Dämonen retten zu müssen. Laut dem derzeit geltenden Katechismus (frisch aus dem Jahr 1993) existiere der Teufel ja tatsächlich. Unterordnung wurde dem Patienten abverlangt. Diese reduziere seine Zeit im Fegefeuer, so sagte man dem Schwerstkranken. Pater Wermter betet dort: „Heiliger Erzengel Michael, verteidige uns im Kampfe gegen die Bosheit und die Nachstellungen des Teufels, sei unser Schutz... Stürze den Satan und die anderen bösen Geister.“ Lutz Lemhöfer, Referent für Weltanschauungsfragen, meint dazu, man schüre geradezu mit solchen Teufelsbeschwörungen die Angst vor dem Teufel. Das sollte die deutsche Psychiatrie einmal verinnerlichen, bevor sie unsere Patienten „weiterüberweist“. Der Münchener Anwalt des so therapierten Klienten, Rechtsanwalt Jürgen Contzen, glaubt an wirtschaftliche Interessen des Klosters bei der Behandlung der dortigen stationären Patienten: 2400 Euro buchte das Kloster vom Konto des Patienten ab.
Höllenandrohung wird von Geistlichen auch angewendet, um sich sexuellen Kindesmissbrauch zu ermöglichen. So zitierte ein Pfarrer aus Osnabrück 1990 (nach Opferaussage) ein gläubiges Mädchen zu sexuellen Kontakten in seine Wohnung mit den sinngemäßen Worten, sie werde „nicht in den Himmel“ kommen, wenn sie nicht mit ihm „schlafe“. Solche Sauereien seien keine Ausnahmen, sondern eher „bekannt“ bei sexuellen Missbräuchen, so eine Mitarbeiterin der Freiburger Stadtmission.
Die einzige Alternative zum ewigen Himmel ist für Kinder ja aber die ewige Hölle. Über drei Jahre soll das Kind in das Martyrium eines derartigen Beischlafs eingewilligt haben. Aus Höllenangst. Siehe „Die Welt“, 25.8.2010. Hier ist der direkte Beweis erbracht, dass das Einreden dieser Angst sie auch tatsächlich im Opfer erzeugt.
Im Godesberger Gymnasium ließ Pater Sch. kleine Jungen auf sein Zimmer kommen und den Unterleib entblößen. Mit voller Wucht wurde vom Pater auf das Gesäß geprügelt, „danach gab es Zärtlichkeiten“, so im Spiegel 6/2010. Eine „Mischung aus Scham, Angst, aus ständigen Drohungen ...muss dazu geführt haben, dass... Opfer jahrelang schwiegen“, so der Spiegel. Weiter unten im Text: „Von einer praktischen Bedeutung des Strafrechts braucht keine Rede zu sein“, so der Kirchenrechtler Klaus Lüdicke. Wie wahr.
Auch Stephanie zu Guttenberg äußert sich in ihrem Buch „Schaut nicht weg!“ eindringlich über die Rolle derartiger Drohungen beim sexuellen Missbrauch. Sie beklagt auch Fälle bei den Regensburger Domspatzen. Bei der Telefonhotline für Opfer kirchlicher Institutionen gingen am ersten Tag 4500 Anrufe ein (Seite 115). Jetzt im Jahr 2011 dringen die berechtigten finanziellen Forderungen der Opfer nicht mehr so über die Medien in die Öffentlichkeit. Warum nicht? Ganz eindringlich werden wir Ärzte z. Zt. über das Deutsche Ärzteblatt aufgefordert, auf seelischen Missbrauch zu achten und ihn offen zu legen.
Sexueller und seelischer Missbrauch gehen Hand in Hand. Ein ehemaliger Messdiener berichtet, was er in der Beichte erfuhr: „Er (der Priester, der Verf.) fragte mich nach meinen Sünden, und als ich solche bekannte, forderte er mich auf, den Mund zu öffnen und einen Essigschwamm darin aufzunehmen, wie ihn der Herr am Kreuze gereicht bekommen hätte.“ Nach dem folgenden Oralverkehr musste der Junge „zur Vergebung“ drei Vaterunser beten und sich den Mund auswaschen, so im Spiegel 6/2010. Hier wird mit den Mitteln der Sündenvergebung und dem in Aussicht stellen einer möglichen Gnade Gottes, und damit dem Entkommen einer Hölle, zum einen diese sexuelle Handlung erzwungen, zum anderen aber auch das Schweigen des Kindes darüber abgesichert. Beide Begriffe sind aber Erfindungen einer machthungrigen Geistlichkeit. Uns allen ist vergeben. Auch das „Beichtgeheimnis“ verpflichtet Kinder in perfider Weise, nicht über sexuellen Missbrauch während der Beichte auszusagen.
Umfangreiche Literatur über die ekklesiogenen Störungen findet man also heute nicht mehr von oder bei Medizinern, sondern bei Theologen. Ein großes Kapitel widmet Pastor Hans-Dietrich Schorege dem Thema „ekklesiogene Neurose“ im Buch „Sind die Kirchen noch zu retten?“, Christophorus. Er führt das Beispiel einer Erkrankten an, die sich Karten legen ließ und der ihr Geistlicher für den Wiederholungsfall die ewige Höllenstrafe ankündigte. Ich liefere Ihnen hier auch ein selbst erlebtes Beispiel aus meiner Praxis in Gedichtform.
Für immer
Für immer sprach der Pastor da,
zum kleinen Kind vor dem Altar.
Für immer wird die Warze weg sein,
die Heilerin, sie möchte gut sein.
Doch überdenke, kleines Kind,
dort hinzugehen, war große Sünd.
Für immer mag die Warze weg sein,
doch der Teufel wird nun für immer
in dir drin sein. Und dich in
seine Hölle mitnehmen.
Für immer, dachte unsre Anna da,
vor den dunklen großen Altar.
Für immer, auch in Ewigkeit.
Für immer und für alle Zeit.
Mit dreißig ist die Depression gekommen,
hat Anna in die Pflicht genommen.
Für immer, dacht ihr Herz beklommen,
da hat sie´s Leben sich genommen.
Dies erzählte mir ihr Mann,
der´s immer noch nicht fassen kann.
Der damalige Ehemann der Patientin leidet, wie Sie sich, lieber Leser, vorstellen können, noch immer sehr stark unter dem so unnötigen Leid und Verlust seiner Frau. Zum sog. Christentum ist er auf Distanz gegangen. Dieses konservative Christentum empfindet eine Kartenlegerin als zu bekämpfende Konkurrentin: Man glaubt als Patient ihr und den Karten und nicht an irgendeine Gottesfügung, die ja immer als Eingreifen eines Gottes in den Lauf der Dinge ein Wunder wäre. Diese Konkurrenz, so glaubt man, müsse bekämpft werden, auch wenn es, wie im Beispiel, Menschenopfer kostet. Nachlesen über ekklesiogene Suizide mag man auch im „Handbuch der Selbstmordverhütung“ von Klaus Thomas.
Falsch sehen Psychiater oder Psychologische Psychotherapeuten das Thema: Im ansonsten sehr guten Buch Martin Baierls: Familienalltag mit psychisch auffälligen Jugendlichen, Vandenhoeck & Ruprecht heißt es in Bezug auf Traumatisierungen: „Bedeutsame Schutzfaktoren sind Glaube und Spiritualität...“ Kein Wort dort über Kirchenschäden. Diese Fehleinschätzungen beruhen stark auf inneren kranken Verarbeitungsmustern und sind meist einer rationalen Diskussion unzugänglich. „Was das Herz nicht zulässt, nimmt der Verstand nicht wahr“, so Schopenhauer, den ich für den größten Denker halte. Es liegt wahnhafte Realitätsverkennung vor: Die Kirche will nicht und darf nicht als krankmachender Faktor gesehen werden. Ja, Kirche scheint von gewissen Medizinern eins zu eins mit Gott gleichgesetzt zu werden. Dabei ist sie allzu oft die Antithese, das gerade Gegenteil Gottes. "Die Kirche lästert Gott". Das sagte mir ein alter Priester im April 2013 am Telefon.
Natürlich ist die Psychiatrie immer ein Kind ihrer Zeit. Wir leben nicht gerade in einer Periode der Aufklärung, aber jede Periode empfindet sich natürlich als aufgeklärt und modern. Hexenverbrennungen waren einmal modern und ein „Fortschritt“. Wir leben in einem Zeitalter der Verdrängung. Das Schicksalsjahr war das Jahr 1918. Im ersten Weltkrieg hatte sich allerorts soviel Schuld ergeben, so viel Schuld, die verdrängt, gebeichtet und abgearbeitet werden musste, dass die Kirche wieder als Partner verstanden werden wollte und nicht als eine kritikwürdige Institution, deren Reformation man angehen musste. So erkläre ich den damaligen Umschwung in ein neues, in unser jetziges Mittelalter. Doch auch die Zeit der Aufklärung war keine wirkliche „Moderne“. Es waren nur einige Individuen fortschrittlich, (z.B. Nietzsche), und die auch meist nur in ihrem Bewusstsein. Nietzsches Unterbewusstes war konservativ gläubig.